Hallo BoForumisten, besonders die Langzeit-KFR-Geplagten!
Meinen Traum erfüllte ich mir im Mai 2000: nach einer F650 Funduro mußte es eine "richtige" BMW - also mit Boxermotor – werden! Nun bin ich (mittlerweile wieder) stolzer Besitzer einer R1150GS, einem echten Highlight an Fahrwerk, Bremsen, Handling und Optik – frisch von der Niederlassung. Von Anfang an allerdings wurde der sonst so geniale Fahrspaß getrübt vom etwas "bockigen" Fahrverhalten im Drehzahlbereich um 3000-3500/min.
Dann kam das Kodierstecker-Update:
Auf Anforderung des Herstellers wurde dann der gelbe Kodierstecker eingebaut. Schon beim Verlassen des Niederlassungshofes wurde klar: aus dem vorher milden "Bocken" war ein heftiges Ruckeln geworden! Eine sofortige Reklamation brachte keinen Erfolg, ich wurde mit meinem Problem geradezu im Regen stehen gelassen. Mit den Vokabeln „Serienstand“ und „bedauerlicher Einzelfall“ wurde ich ziemlich unsanft abserviert.
Nach dem dadurch erzwungenen Werkstatt- u. Händlerwechsel hatte ich zumindest das Gefühl, daß das Problem dort bekannt ist und man Kompetenz genug besitzt, um es zu beseitigen. Aus dem "bedauerlichen Einzelfall", wie es noch in der Niederlassung genannt wurde, wurde auf beharrliches Nachhaken ein "ja, das Problem ist bei BMW bekannt"; ein Sachverständiger des Herstellers wurde eingeschaltet, und es wurde an der Einstellung des Motors getüftelt:
Ein anderer Zündkerzentyp wurde eingebaut, es wurde nach Ölkohleablagerungen gesucht, die Synchronisation wurde genauestens überprüft, und - das war es dann! Weitere Maßnahmen wurde nicht durchgeführt, außer der im Zuge von Inspektionen und Wartungsdiensten obligatorische Neusynchronisation mit dem Hinweis, die Q mal ordentlich „fliegen zu lassen“.
Weitere Maßnahmen "dürften" auch nicht von authorisierten Freundlichen durchgeführt werden, wie es im persönlichen Gespräch mit dem Werkstattmeister letztendlich durchsickerte. Obwohl also anscheinend das Grundproblem beim Hersteller bekannt war und ist, stellt er keine probate Lösung dafür bereit.
Eine Änderung der Ruckelneigung war jedenfalls nach den bisher durchgeführten Maßnahmen nicht spürbar.
Das BoFo
Dann wurde ich auf das Boxer-Forum aufmerksam. Hier fand ein reger Austausch an Hintergrundinformationen über das KFR, Beseitigungsmethoden und Hilfsmittel statt. Und es stellte sich gottseidank heraus, daß ich tatsächlich nicht der einzige Mensch bin, der eine Ruckel-Q besitzt! Ein erleichterndes Glücksgefühl stieg in mir auf. Und jede Menge Hoffnung! Gab es doch aureichend Hinweise auf Methoden, wie man dem Ruckeln an den Kragen gehen kann: Andere Zündkerzen, modifizierte Ansaugrohre, andere Luftfilter; aber auch so profane Aussagen wie "fahr doch einfach in einem anderen Drehzahlbereich!" Den Spruch kannte ich schon von meinem „Freundlichen“, neben der Aussage „Solange BMW keine gescheiten Motorräder baut, bei denen man an der CO-Schraube drehen und einstellen kann, kann ich Dir nicht helfen“ – es wurde Zeit für einen Händler/Werkstattwechsel!
Mein Ehrgeiz war angestachelt: was BMW nicht schafft, müßte doch in Eigenregie machbar sein! Also wurde einiges ausgetestet, gemäß den BoFo-Rezepten: Brisk-Kerzen, Synchronisation nach Wiemann, Höheroktaniger Sprit, Einstellen der rechten Drosselklappe, ... Um es kurz zu machen: keine der durchgeführten Maßnahmen hat zum Erfolg geführt! Mir wurde klar: hier kann wirklich nur ein echter Fachmann weiterhelfen. Durch Zufall stieß ich in einer Fachzeitschrift, die „Motorrad“ und „ABENTEUER“ bereits im Namen verbindet, auf den Artikel "Boxerleiden KFR - jetzt gelöst". Das war genau das, was mir zu meinem Glück gefehlt hat! In der Hoffnung, nach fast 4 Jahren "Ruckelfreuden" einen verwertbaren Hinweis zu finden, wie man dem leidigen Thema auf den Leib rücken kann, machte sich auf den ersten Blick Ernüchterung breit: beim Testobjekt handelte es sich um eine R1100GS. Daß bei diesem Modell das KFR stärker ausgeprägt ist im Vergleich zur R1150GS, ist ja bekannt: Genaue Einstellung/Synchronisierung des Motors, evtl. andere Zündkerzen, Reinigung der Bowdenzugführungen, und die Kiste läuft "wie geschmiert". Naja, bei meiner Q hat all dies keine Verbesserung gebracht.
Einer Empfehlung im Boxer-Forum folgend bin ich auf meinen jetzigen Freundlichen aufmerksam geworden. (Mit Team im Boxer-Cup weit vorne). Ich hatte das Gefühl, mit meinem Problem ernstgenommen zu werden. Es war keine Rede von „bedauerlichem Einzelfall“ oder „Serienstand“ bzw. „Stand der Technik“. Der Werkstattmeister hat das KFR tatsächlich „erfahren“ können, bei meiner Q. Doch auch hier konnte außer einer sehr sorgfältigen Synchronisation, dem Rückbau auf Original-Zündkerzen, Zündzeitpunktsanpassung (wg. Klingelneigung) nichts wirklich Wirksames gegen das KFR unternommen werden.
Synchro-Fete
Letztendlich bin ich über eine dieser „Synchro-Feten“ in Mainz bei Matthias Krist und seinem Brisk-Team in Wiesbaden gelandet. Dort hatte ich Gelegenheit, die Arbeit meines Freundlichen zu verifizieren: EinwandfreieSynchronisation, gute Ventileinstellung, alles optimal justiert! Alle Achtung! Fast hätte ich meinem Freundlichen Unrecht angetan... Dennoch: KFR war nach wie vor vorhanden, und auch meßtechnisch nachvollziehbar: im Drehzahlbereich um 3000/min deutlich meßbare Schwankung des CO-Gehaltes im Abgasstrom bei gleichzeitiger Drehzahländerung (fixierter Gasgriff).
KFR ist meßbar!
Das war es also: meßbares KFR! Bisher nur von meinem Popometer detektiert, von diversen Händlern als nichtvorhanden eingestuft, von vielen - nichtbetroffenen - Q-Treibern belächelt („Meine Q ruckelt nicht!“, „KFR-kenne ich nicht“). In Kooperative mit meinem Freundlichen wurde nach dieser Messung als "letzter Versuch" zum Beheben des KFR ein Austausch aller Sensoren und Aktoren beschlossen, die zur Motorsteuerung gehören: Lambda-Sonde, Öl-u. Lufttemperaturfühler sowie Drosselklappenpotentiometer wurden ausgetauscht, nachdem testweise zuerst die Motronik ausgetauscht worden ist. Ernüchterndes Ergebnis der Aktion: keine Änderung des Motorverhaltens. Das Latein vieler Schrauber, aber auch das des Boxer-Forums endete hier. Meines erst recht.
Stand der Technik? – Hilfe, BMW!
Mein Hilferuf erreichte über die o.a. Motorradzeitung den Hersteller meiner Q. Den Weg nach München hat sie mal wieder ruckelnd in Kauf genommen, doch BMW selbst hat sie keines Blickes gewürdigt: Eine Untersuchung der Maschine hat der Hersteller abgelehnt: „KFR gibt es nicht!“, „Die Maschine entspricht dem Stand der Technik!“. „Der Kunde muß damit leben.“ Doch genau das wollte ich nicht!
Warum das alles?
Knappe 4 Jahre sind nun mit meiner Q und diesem KFR ins Land gegangen! Manchmal frage ich mich, warum ich die Q nicht schon längst in den Graben geworfen oder aber zum Verkauf angeboten habe. Es liegt wohl daran, daß ich mich 4 Jahre lang intensiv mit den Eigenarten des bockigen Boxers herumgeschlagen hat, und dieser mir dadurch mächtig ans Herz gewachsen ist. In 4 Jahren hat mir die Ruckel-Q über gute 45.000 km viel Fahrspaß bereitet, diesseits und jenseits von 3000/min. Was wären die Spitzkehren der Dolomiten, was die Single Track Roads in Schottland, was der Trollstiegen in Norwegen, die Pässe der Westalpen oder der fast schon heimische Schwarzwald ohne die vielen schönen Stunden des Herumkurvens? Diese (Haß)Liebe macht eine Trennung fast unmöglich. Wird nicht gerade die Geschwindigkeit - und die damit verbundene Drehzahl des Motors - vom umgebenden Verkehr bestimmt, macht das Fahren mit dieser Ruckel-Q sogar richtig Freude. Mit 80 hinter dem Reisebus allerdings, mit 50 durch den Ort, mit 100 über die Landstraße, all das macht mit Ruckeln keinen Spaß mehr, wahrlich nicht! Nur wenn man kräftig am Gas hängt, kommt das fette Grinsen unter dem Helm hervor – doch das ist halt nicht immer möglich. Andererseits gehört die Konfrontation mit den zuletzt beschriebenen Fahrsituationen zum Alltag, mit denen ein so hochtechnisiertes Gefährt wie eine BMW R1150GS mit Leichtigkeit fertig werden sollte, nicht mit Widerwillen.
Ebenfalls vom Ehrgeiz gepackt und durch die Abfuhr bei BMW ermutigt, hat die Motorrad-Fachzeitschrift einige Spezialisten zusammengetrommelt, die meine Ruckel-Q unter die Lupe nehmen sollten, was sie auch getan haben – mit Erfolg: die 4-jährige Odyssee hat ihr Ende gefunden:
Das KFR ist beseitigt!
(Hier ein dickes Dankeschön an das tolle Team der MotorradABENTEUER für die selbstlose Hilfe!) Leider kenne ich nicht alle Maßnahmen, die durchgeführt worden sind, aber: das Problem ist aus der Welt! Was innerhalb 4 Jahren von keinem BMW-Schrauber bewerkstelligt wurde, ist vollbracht: eine ruckelfreie Q! Zunächst fiel der Verdacht auf abrasiv veränderte Nockenwellen durch zu enge eingestellte Auslaßventile, was sich jedoch bei optischer Kontrolle nicht bestätigte. Dagegen stellte sich heraus, daß sich bei meiner Q die motorspezifischen mechanischen Bauteiltoleranzen so ungünstig addiert und beeinflusst haben, daß eine sinnvolle Motorregelung im Ruckel-Drehzahlband nicht möglich war. Dieses Fehlverhalten der Motronik konnte durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden. Möglich gemacht hat dies alles Matthias Krist aus Wiesbaden, den viele hier wohl eher mit „Brisk“ oder „Cerasafe“ in Verbindung bringen. Ohne seinen technischen Sachverstand (Hut ab!) und die Bereitschaft, Probleme lösungsorientiert, systematisch und zielgerichtet zu untersuchen, würde meine Q mit Sicherheit fröhlich weiterruckeln! Hier ein dickes Dankeschön an Matthias!
Keine Q muß mit KFR leben!
Als sehr bedauerlich empfinde ich, daß ich fast 4 Jahre von BMW (direkt und indirekt) „hingehalten“ worden bin mit Maßnahmen und Aussagen, die das KFR-Problem nicht behoben haben. Schlimm ist, daß kein einziger BMW-Händler das KFR-Problem meßtechnisch erfassen konnte oder erfaßt hat. Aus meiner Sicht kann man Probleme nur beheben, wenn man sie sieht, mißt, erkennt, und in der Lage ist, sie adäquat zu interpretieren! Selten habe ich so viel Hilf- und Ratlosigkeit gesehen wie bei den in diesem Problem involvierten BMW-Schraubern. Im Endeffekt komme ich mir als BMW-Kunde, der jahrelang viel Geld (Inspektionen, Jahresservice, etc.), Zeit (Fahrversuche, Austesten von Modifikationen) und Geduld (siehe oben) investiert hat, ziemlich verlassen vor, um nicht zu schreiben: verarscht! Zwar wurden innerhalb der vom Händler durchgeführten Maßnahmen Kostenblöcke von BMW via Kulanz übernommen, doch all der Ärger, die Unannehmlichkeiten und letztendlich die Kosten der tatsächlichen Behebung des KFR sind bei mir, dem Kunden, hängen geblieben.
Das Verhalten des Herstellers kann man nur als „stur und ignorant“ bezeichen: „Ein Problem, welches wir nicht zugeben, gibt es nicht.“ Ich denke, daß nicht einmal im Tierreich die Vogel-Strauß-Taktik funtktioniert. Und die „Tausend andere Kunden sind zufrieden“-Floskel interessiert mich ebenso wenig. Mein Gefühl entscheidet! Meine Q hat(te) ein Problem. Meine Q (hat ge-)ruckelt. Nun fährt meine Q so gut, wie sie noch nie in ihrem Leben gefahren ist: ruckelfrei und durchzugsstark – warum nicht gleich so!
Nun bin ich ganz stolz auf meine R1150GS!
Ruckelfreie Q-Grüße,
Rüdiger (mit R1150GS argentum)